4.
Kapitel: Der Campingplatz
Als
ich die Geschichte über meinen Stalker beim Essen erzähle,
schütteln die Zwillinge nur entsetzt mit den Köpfen. So reagiert
wirklich jeder, der diese Geschichte hört.
Nici
dagegen regt sich darüber auf, dass sie die Anwesenheit meines Ex
Freundes nicht mitbekommen hat, laut ihrer Aussage hätte sie ihn so
fertig gemacht, dass er freiwillig nach Hause gefahren wäre.
Naja,
mein einziger Wunsch momentan ist einfach nur, dass er mir während
des gesamten Festivals nicht mehr auf die Nerven geht, dann ist alles
okay und meine Stimmung bleibt so gut, wie sie schon den ganzen Tag
ist. Ich habe mich auch schon bei Ian für die unangenehme Situation
entschuldigt, aber er meinte nur ganz locker, dass es nicht die Rede
wert sei.
Ich
beobachte Nici dabei, wie sie wütend ihre Spare Rips massakriert und
frage mich kurz, was das arme Fleisch denn dafür kann, dass sie
Manuel nicht zu Gesicht bekommen hat. Dabei bin ich mir sicher, dass
das 100% noch passieren wird, schließlich kenne ich ihn dafür
einfach zu gut.
„Wenn
ich den in die Finger kriege, dann wird der erst sein blaues, dann
sein gelbes und dann sein grünes Wunder erleben!“, regt meine
Freundin sich auf und stopft sich ein Stück Paprika in den Mund,
nachdem sie mit Messer und Gabel an ihren Spare Rips verzweifelt ist.
Vielleicht sollte ich ihr sagen, dass man die Dinger besser mit den
Fingern isst, weil’s mit Messer und Gabel meist nicht hinhaut. Da
ich es aber lustig finde, wie sie verzweifelt daran herum säbelt,
mache ich sie nicht darauf aufmerksam und warte ab, bis sie alleine
auf die Idee kommt, ihre Finger zu benutzen. Ian und Jack dagegen
sind bereits wie die Tiere über ihr Fleisch hergefallen, ein
orangener Rand durch die Marinade ziert ihre Münder, welchen sie ab
und zu mit einem Taschentuch weg wischen. Ich persönlich bin da eher
etwas penibel. Ich esse ganz vorsichtig, ohne dabei meinen Mund zu
versauen. Hände sind egal, aber Mund geht gar nicht.
„Ich
würde vorschlagen, dass wir nach dem Essen noch ein
Verdauungsbierchen trinken, und uns dann ein bisschen die
Campingplätze ansehen, was haltet ihr davon?“, fragt der Hopper in
die Runde, woraufhin wir alle zustimmen. Eine sehr gute Idee. Ich
habe mal gehört, dass Leute allein wegen des Campen und der Stimmung
auf den Campingplätzen hier herkommen, ohne auch nur einmal auf das
Festivalgelände zu gehen. Das hat schon was zu bedeuten!
Lindsay
Thielen
„Unerwünscht?
Mir doch egal.“ – Gedanken eines Stalkers.
Gefällt
mir – Kommentieren – Teilen – Vor einigen Sekunden via Handy.
Um
die Stimmung während des „Verdauungsbierchen“ ein bisschen
aufzupeppen, drehe ich das Radio auf volle Lautstärke und will dem
Namen „Pussy Party Place“ somit alle Ehre machen, schließlich
soll unser Pavillon nicht umsonst diesen Namen tragen. Also schalte
ich auf das Lied Auf gute Freunde, von den Böhsen Onkelz und
fange an, laut mitzugrölen, um die anderen anzuspornen, ebenfalls
mitzusingen.
Beim
ersten Refrain heben wir unser Bier.
„Ich
trinke auf, auf gute Freunde, verlorene Liebe, auf alte Götter und
auf neue Ziele…“, grölen wir zu viert und stoßen an, als der
Refrain endet.
Beim
zweiten Refrain stürmt plötzlich eine Gruppe anderer Ringrocker mit
Partystimmung in unseren Pavillon und fängt an, ebenfalls laut
mitzusingen. Grinsend hebe ich mein Bier erneut und bekomme zur
Antwort eine Schar andere Biere und alkoholischen Getränken
entgegengestreckt. Wortlos, nur singend, packen uns die partywütigen
Menschen an den Schultern, hüpfen und springen mit uns durch den
Pavillon, bis das Lied endet und sie zum nächsten Zelt ziehen, um
dort die Stimmung anzuheizen. Lachend verabschieden wir uns, das war
schon wieder einer der besten Beweise dafür, dass die Leute hier
einfach nur cool sind. Meine Freundin ist durch und durch begeistert
über die Aktion, ihre Laune hat sich von jetzt auf gleich
verbessert, das sehe ich an ihrem Dauergrinsen und ihren strahlenden
Augen. Langsam aber sicher scheint ihr das Campen hier gut zu
gefallen.
Nach
einem Toiletten-Zwischenstopp, schlendern wir zu viert gemütlich
über den überfüllten Campingplatz. Hier und dort feiern jetzt
schon manche Leute ihren Absturz, die anscheinend maßlos mit dem
Alkohol übertrieben haben. Man man, und das schon am ersten
Nachmittag, wie wollen die denn erst die Festivaltage überleben? Bei
so einer Einstellung kann ich wirklich nur mit dem Kopf schütteln.
Einen
Typen habe ich entdeckt, der gerade dabei ist, in eine Kühlbox zu
kotzen. Der Aufregung seiner Kollegen nach zu urteilen, scheint die
Kühlbox nicht leer gewesen zu sein, was mich ziemlich belustigt.
„Seht
mal da hinten, die Leute sind doch echt mal geil.“
Meine
Freundin zeigt auf eine Gruppe Jungs und Mädels mit Morphsuiten,
also Ganzkörperanzügen in verschiedenen Farben. Ich staune nicht
schlecht, das sieht wirklich cool aus. Wieso sind wir nicht auf so
eine Idee gekommen? Fürs nächste Mal lasse ich mir auch so was
einfallen, ganz bestimmt.
Auch
Ian und Jack begutachten die Gruppe, ebenso wie ganz viele andere
Leute, die dort vorbeilaufen.
„Da
erkennt man wirklich nur an der Figur, wer Männlein und Weiblein
ist, ne?“, stellt der jüngere Zwilling fest, woraufhin der Ältere
mit den Augenbrauen zuckt.
„Also
ich finde die Dinger extrem sexy, die können ja nicht mal
Unterwäsche darunter tragen, weil man sonst die Abdrücke sehen
könnte.“, grinst dieser dann schelmisch, ohne seinen Blick von der
Gruppe abzuwenden. Recht hat er ja schon, die Dinger sind wirklich
irgendwie sexy, bei einem Typen drückt sich sogar sein gut
trainiertes Sixpack durch.
„Ist
ja lustig, über was du dir so Gedanken machst.“, lacht Ian über
die Aussage seines Bruders. „Ich habe jetzt nicht darüber
nachgedacht, ob die darunter Unterwäsche tragen.“
„Nein?!
Oh Inchen, du musst unbedingt mal wieder eine Alte flachlegen.“,
stellt Jack daraufhin mit einem dicken Grinsen im Gesicht fest und
bekommt dafür von seinem Bruder zur Antwort den Mittelfinger
gezeigt.
Ein
Stück weiter werden wir auf ein Spiel aufmerksam, welches von zwei
Vierer- oder Fünfermannschaften mitten auf dem Weg gespielt wird. Um
zu sehen, was genau da gespielt wird, stellen wir uns an den Rand, um
zuzuschauen.
Die
Teams stehen sich gegenüber, in der Mitte steht eine leere
Plastik-Flasche und vor jedem Spieler eine volle Bierdose. Einer aus
der Mannschaft wirft einen kleinen Ball in die Mitte und versucht
damit die Flasche umzuwerfen. Wenn die Flasche umgeworfen wurde, darf
das Team, welches geworfen hat, so lange aus den Dosen trinken, bis
einer aus der gegnerischen Mannschaft den Ball eingesammelt, und die
Flasche wieder aufgestellt hat. Dann ist das andere Team mit werfen
dran. Das geht dann so lange, bis jeder Mitspieler aus dem jeweiligen
Team alle Dosen ausgetrunken hat. Welches Team zuerst damit fertig
ist, hat gewonnen. Sieht auf jeden Fall lustig aus.
„Sollen
wir eine Runde mitspielen?“, frage ich meinen Anhang, welcher
nickend mit den Schultern zuckt, was wahrscheinlich so viel heißt
wie: Ja, von mir aus. Also melden wir uns nach der gerade gespielten
Runde und treten gegen ein Team an, welches ebenfalls aus zwei Jungs
und zwei Mädels besteht. Auch jetzt versammeln sich Zuschauer um uns
herum, was mir mehr Ansporn dazu gibt, die Runde zu gewinnen.
Ich
bin eine gute Trinkerin, das weiß ich, die Jungs kenne ich noch
nicht gut genug, aber Nici könnte uns ein Nachteil sein. Unsicher
blinzele ich zu meiner Freundin rüber, die allerdings so voller Elan
zu sein scheint, dass ich mir vielleicht doch keine Sorgen machen
muss.
Startklar
stellen wir unsere Bierdosen vor unseren Füßen und warte auf das
Startsignal.
„Fertig?“,
ruft das gegnerische Team, worauf wir ein „Fertig!“ zurückgeben.
Alle Spieler nehmen ihr Bier hoch, öffnen dieses und stellen es
erneut vor ihren Füßen. Als ich zu Ian und Jack rüber schaue,
nicken diese mir startklar zu. Gut. Auf geht’s.
„Los!“
Die Zuschauer jubeln, als das gegnerische Team das Startsignal gibt
und einer der Mädchen zuerst den Ball wirft, jedoch die Flasche
verfehlt. Jetzt sind wir am Zug. Jack schnappt sich den Ball, wirft
und trifft. Sofort heben wir unser Bier, trinken so schnell wie
möglich, bis das gegnerische Team den Ball aufgesammelt und die
Flasche wieder aufgestellt hat. Wir stellen unsere Biere wieder zu
Boden und warten auf den Wurf unserer Gegner. Diesmal wirft einer der
Jungs und… trifft, verdammt! Schnell hetze ich dem Ball hinterher,
sammele ihn auf, renne so schnell ich kann zurück zur Flasche,
während ich von meinen Teamkollegen und Zuschauern angefeuert werde
und stelle sie wieder auf.
„Super!“,
zwinkert Ian mir zu, als ich wieder zu meinem Team geselle und
bedanke mich verlegen. Während ich den Ball meiner besten Freundin
überreiche, sehe ich aus dem Augenwinkel heraus, wie der Blonde
mich, wahrscheinlich länger als gewollt, anschaut und erst seinen
Blick von mir abwendet, als ich meinen Kopf zu ihm drehe. Ich kann
mir aber auch keine weiteren Gedanken darum machen, da Nici nun
voller Elan den Ball wirft, trifft, und wir erneut trinken müssen.
Gerade als das gegnerische Team die Flasche wieder aufstellt,
schmeißt Jack seine Dose zu Boden.
„Fertig!“,
ruft er und klatscht in die Hände. „Los,
hopp hopp, beeilt euch!“
Das
lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Wenn der Erste aus
unserem Team schon fertig ist, schaffen wir das auch ganz schnell!
Das
gegnerische Team wirft, trifft, Nici rennt und stellt die Flasche
wieder auf. Allerdings ist in dieser Runde ebenfalls einer der Jungs
gegenüber fertig, also müssen wir uns jetzt wirklich sputen.
Diesmal wirft Ian. Als er trifft trinken wir wieder, und auch er ist
jetzt mit seiner Dose fertig. Jetzt sind noch Nici und ich übrig.
Als das gegnerische Team wirft habe ich diesmal so viel Glück, dass
mir der Ball genau in die Arme hüpft und ich sofort die Flasche
aufstellen kann, ohne, dass dem Team viel Zeit zum Trinken bleibt.
„Komm
schon Nici, jetzt Alles oder Nichts!“, rufe ich meiner Freundin zu,
obwohl diese direkt neben mir steht und konzentriere mich auf meinen
Wurf. Ich werfe und… Neiiin, daneben, verdammte Scheiße!
„Fuck!!!“,
brülle ich, stampfe mit dem Fuß auf und lege meine Hände an den
Kopf. Wieso habe ich das scheiß Ding nicht getroffen?! Das gibt’s
doch nicht! Dafür kassiere ich mir direkt einen vorwurfsvollen Blick
von meiner Freundin ein, welche sichtlich enttäuscht über meinen
miserablen Wurf zu sein scheint.
„Kommt
schon, los jetzt, ihr schafft das!“, feuern uns die Zwillinge an,
während ich dem Ball hinterher stürme und die Flasche aufstelle.
Wieder ist einer aus dem anderen Team fertig, diesmal eines der
Mädchen, dafür trinke ich allerdings meine Dose beim nächsten Wurf
leer, so dass der Sieg nur noch von Nici abhängt. Zwei gegen Eins,
das schafft sie locker! Ich stelle mich zu den Zwillingen an den
Rand, die mir beide ihre Hände zum Einschlagen hinhalten. Dann drehe
ich mich zu meiner Freundin um, welche ich nun lauthals anfeuere.
„Niciiii,
loooos, triiiink!“, rufe ich, als sie am Zug ist, denn nach einer
weiteren Runde steht es Eins zu Eins. Entweder sie macht jetzt ihre
Dose leer, oder wir haben verloren.
Aber
natürlich schafft sie‘s, wirft ihre Dose zu Boden und hüpft mir
quiekend in die Arme. Jubelnd hüpfen wir auf und ab, auch Ian und
Jack fallen sich feierlich in die Arme und umarmen auch uns, nachdem
Nici und ich uns voneinander gelöst haben. Wir verstehen uns bis
jetzt nicht nur gut, wir sind auch noch ein gutes Team, wie sich
gerade herausgestellt hat.
„Morgen
wollen wir eine Revanche!“, fordert einer der Typen aus dem
Verliererteam und hebt dabei symbolisch den Ball in die Luft.
Pff,
wollen die tatsächlich nochmal gegen uns verlieren?
„Alles
klar, wir sind hinten, schräg gegenüber von den Sanitäranlagen,
der Pussy Party Place!“, nimmt Nici die Herausforderung an, womit
wir selbstverständlich einverstanden sind. Sollen sie doch kommen,
wir werden kämpfen und siegen! Eine grausame Lache schallt durch
meinen Kopf, über die ich mich selbst erschrecke…
Everything
is still and calm
In the dead of night
Right before the fight
Clouds are gathering for the storm
Destiny decides
Who will live or die
In the dead of night
Right before the fight
Clouds are gathering for the storm
Destiny decides
Who will live or die
The
Rasmus – The Fight
Einige
Meter weiter bestaunen wir eine Konstruktion, die uns wirklich
sprachlos macht. Hier haben sich tatsächlich einige Camper eine Art
Holzrahmen in Minischlossform gebaut, worüber sie als Dach eine
Plane gezogen haben. Das Ding hat sogar zwei Etagen! Unten, in der
ersten Etage, stehen die Zelte und oben, in der zweiten Etage, haben
die Leute eine beeindruckende Musikanlage aufgebaut, mit riesigen
Boxen, aus welchen laut Lieder von Volbeat dröhnen. Außerdem stehen
in der zweiten Etage noch zwei Tische und einige Stühle, an welchen
die Camper gerade sitzen und eine Totenkopfflagge weht an einem Mast
im Wind. Wirklich beeindruckend!
„Ey
Jungs, wie lange habt ihr gebraucht um das aufzubauen?“, ruft Jack
den Campern auf ihrer Konstruktion zu, geht dafür einen Schritt nach
vorn und hält sich die gewölbte Hand an den Mundwinkel. Gespannt
auf die Antwort blicken auch die anderen zwei, inklusive mir, in die
Höhe.
„Wir
sind seit gestern Morgen hier und waren vor knapp drei Stunden damit
fertig!“, antwortet einer der Typen, was mich nicht schlecht
staunen lässt. Ich weiß gar nicht genau, ab wann man hier anreisen
kann, ich halte mich da besser an den Donnerstag.
„Coole
Sache!“
Der
Hopper zeigt den Campern den Daumen, was Ian ihm gleich tut, dann
laufen wir weiter.
Ich
muss zugeben, nicht alle Leute hier sind gut drauf, es gibt
zwischendurch natürlich auch ein paar Idioten (bestes Beispiel: mein
Ex), wie ich jetzt auch wieder feststellen muss. Schon von weitem
sehe ich, wie sich ein paar Jungs eine Wasserschlacht, mitten auf dem
Fußweg liefern, was mich ja sehr erfreut. Mit 5 Liter Kanistern
spritzen sie wie die Bekloppten mit Wasser herum, ohne Rücksicht auf
vorbeigehende Ringrocker.
Ich
laufe extra
ganz nah an Ian und Jack, damit diese Idioten nicht auf die Idee
kommen, nur weil ich noch schön trocken aussehe, mich mit Wasser zu
überschütten. Aber natürlich passiert genau das. Gerade als wir an
denen vorbei gehen, dreht sich einer dieser Vollpfosten um und
schüttet mir eine ganze Ladung Wasser entgegen. Das passiert so
schnell, dass ich nicht mal ausweichen kann und schwupps, bin ich von
oben bis unten nass.
Entsetzt
schaue ich den Typen mit dem Kanister an, welcher das Ganze auch noch
total lustig findet, mindestens genauso entsetzt habe ich jetzt auch
die Blicke meines Anhangs an mir kleben. Angepisst balle ich meine
Fäuste und versuche das Gehirn dieses Typen mit meinen Gedanken zum
Explodieren zu bringen, was leider Gottes nicht funktioniert. Und
gerade weil es nicht funktioniert, und ich meine Wut nicht einfach so
herunterschlucken kann, platzt es ungewollt wie ein Wasserfall aus
mir heraus: „Du blöder Penner, was fällt dir eigentlich ein die
Leute hier nasszumachen? Wir haben keine dreißig Grad, falls es dir
nicht aufgefallen ist, denkst du, ich will die Festivaltage über
krank werden?! Wenn ich krank werde, dann komme ich zu dir und rotze
dir in die Fresse, damit du schön alle meine Bazillen abbekommst
und…“
„Lin,
ist gut jetzt!“, unterbricht mich meine Freundin und zieht mich am
Arm von diesem Typen weg.
„Und
das schwöre ich dir!!“, rufe ich dem Typen noch mit erhobener
Faust zu, der mir nur verdutzt hinterher guckt, während Nici mich
weiter zieht. Sauer blicke ich an mir herunter, das gibt’s doch
nicht, ich sehe aus als wäre ich vorwärts in eine Pfütze gefallen!
„Du
hast ja ganz schön Feuer unterm Hintern.“, lacht Ian.
„Der
kann froh sein, dass er noch lebt!“
Dabei
denke ich an meinen gescheiterten Gehirn-Explodier-Versuch. Ich bin
heilfroh, dass nicht alle Leute hier so rücksichtslos sind.
Noch
ein Stück weiter (ich kann gar nicht so schnell gucken, da ist es
schon passiert) stehen wir an der Startlinie für ein
Schubkarrenwettrennen. Drei zweier Teams treten gegeneinander an, ich
in der Schubkarre, Nici schiebt, Ian in der Schubkarre, der von Jack
geschoben wird und noch ein Typ, mit einem Mädchen in der
Schubkarre. Ich hab jetzt schon tierischen Bammel, weil‘s a) bergab
geht, und b) deswegen nicht ganz ungefährlich ist.
„Ey
Nici, ich vertraue dir, sei bloß vorsichtig!“
Ich
renke meinen Kopf nach hinten, um meine Freundin anschauen zu können,
welche mich daraufhin fett angrinst. Das ist mein Ernst, ich vertraue
ihr, zumindest würde ich das gerne…
„Halt
dich einfach gut fest und mach dir nicht in die Hose.“
Jaha,
leichter gesagt als getan. Ich meine, nass bin ich ja eh schon, würde
also nicht unbedingt auffallen, außer vielleicht vom Geruch her.
Unsicher
schaue ich zu den Zwillingen rüber, Ian ist viel zu groß für die
Schubkarre, was das Ganze irgendwie ulkig aussehen lässt. Seine
langen Beine lugen soweit über den Schubkarrenrand drüber, dass er
sie hochhalten muss, um nicht den Boden zu berühren. Zum ersten Mal
nimmt er jetzt auch seine Sonnenbrille ab und ich… Ähm… Wow, da
hat hast mir gerade kurz die Sprache verschlagen. Wieso hat er sein
hübsches Gesicht die ganze Zeit unter einer riesigen Sonnenbrille
versteckt?
„Auf
die Plätze…“
Ich
werde von der Stimme des Veranstalters dieses Rennens aus meinen
Gedanken gerissen, so dass ich mich kurz fangen muss, um mich wieder
auf meine Sicherheit zu konzentrieren.
„Halt
dich fest!“, fordert meine Freundin mich noch auf, bevor der
Veranstalter das Startsignal gibt und wir losrennen, beziehungsweise
fahren. Unsanft rutsche ich in der Schubkarre, durch den steinigen
Weg, hin und her, muss dabei lachen und gleichzeitig kreischen. Auch
das andere Mädchen, welches knapp hinter uns ist, kreischt als ob
sie gleich sterben würde, was mich wenigstens nicht so blöd
dastehen lässt. Die Zwillinge dagegen sind ganz cool, ich sehe zwar
nur ihre Rücken, da sie jetzt schon weit vor uns liegen, aber keiner
von beiden gibt auch nur einen Ton von sich.
„Oh
mein Gott!“, brülle ich, als wir über einen Stein fahren und ich
dadurch fast aus der scheiß Schubkarre fliege. Gerade so kann ich
mich noch halten, jedoch reduziert Nici deswegen die Geschwindigkeit,
wodurch das andre Team uns überholt und wir das Rennen verlieren.
Als letztes fahren wir durchs Ziel, die Zwillinge jubeln bereits über
ihren Sieg, welchen ich ihnen zugegebener Weise nur ungern gönne.
Ich bin eine verdammt schlechte Verliererin, aber hey, dafür kann
ich kochen.
„Tut
mir leid…“, entschuldigt sich Nici unnötig bei mir. Ist doch
nicht ihre Schuld. Obwohl, doch, ist es! Allerdings sage ich ihr das
nicht, nehme selbstverständlich ihre Entschuldigung an und versuche
mich aus der Schubkarre zu hieven, was sich schwerer herausstellt,
als ich dachte. Netterweise reicht Ian mir seine Hand und zieht mich
mit einem Ruck hoch. Und als ich so vor ihm stehe und mich bedanke,
muss ich ungewollt in seine Augen glotzen. Wenn ich glotzen sage,
meine ich auch glotzen, denn das muss so dämlich ausgesehen haben,
dass er mich fragt, ob alles okay sei.
„Äh…
Ja klar, alles okay.“, antworte ich peinlich berührt und drehe
mich so schnell um, dass das bestimmt wieder total dämlich
ausgesehen hat.
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