Sonntag, 25. Oktober 2015

*Buch-Sonntag* 4. Kapitel: Der Campingplatz

    4. Kapitel: Der Campingplatz

Als ich die Geschichte über meinen Stalker beim Essen erzähle, schütteln die Zwillinge nur entsetzt mit den Köpfen. So reagiert wirklich jeder, der diese Geschichte hört.
Nici dagegen regt sich darüber auf, dass sie die Anwesenheit meines Ex Freundes nicht mitbekommen hat, laut ihrer Aussage hätte sie ihn so fertig gemacht, dass er freiwillig nach Hause gefahren wäre.
Naja, mein einziger Wunsch momentan ist einfach nur, dass er mir während des gesamten Festivals nicht mehr auf die Nerven geht, dann ist alles okay und meine Stimmung bleibt so gut, wie sie schon den ganzen Tag ist. Ich habe mich auch schon bei Ian für die unangenehme Situation entschuldigt, aber er meinte nur ganz locker, dass es nicht die Rede wert sei.
Ich beobachte Nici dabei, wie sie wütend ihre Spare Rips massakriert und frage mich kurz, was das arme Fleisch denn dafür kann, dass sie Manuel nicht zu Gesicht bekommen hat. Dabei bin ich mir sicher, dass das 100% noch passieren wird, schließlich kenne ich ihn dafür einfach zu gut.
„Wenn ich den in die Finger kriege, dann wird der erst sein blaues, dann sein gelbes und dann sein grünes Wunder erleben!“, regt meine Freundin sich auf und stopft sich ein Stück Paprika in den Mund, nachdem sie mit Messer und Gabel an ihren Spare Rips verzweifelt ist. Vielleicht sollte ich ihr sagen, dass man die Dinger besser mit den Fingern isst, weil’s mit Messer und Gabel meist nicht hinhaut. Da ich es aber lustig finde, wie sie verzweifelt daran herum säbelt, mache ich sie nicht darauf aufmerksam und warte ab, bis sie alleine auf die Idee kommt, ihre Finger zu benutzen. Ian und Jack dagegen sind bereits wie die Tiere über ihr Fleisch hergefallen, ein orangener Rand durch die Marinade ziert ihre Münder, welchen sie ab und zu mit einem Taschentuch weg wischen. Ich persönlich bin da eher etwas penibel. Ich esse ganz vorsichtig, ohne dabei meinen Mund zu versauen. Hände sind egal, aber Mund geht gar nicht.
„Ich würde vorschlagen, dass wir nach dem Essen noch ein Verdauungsbierchen trinken, und uns dann ein bisschen die Campingplätze ansehen, was haltet ihr davon?“, fragt der Hopper in die Runde, woraufhin wir alle zustimmen. Eine sehr gute Idee. Ich habe mal gehört, dass Leute allein wegen des Campen und der Stimmung auf den Campingplätzen hier herkommen, ohne auch nur einmal auf das Festivalgelände zu gehen. Das hat schon was zu bedeuten!

Lindsay Thielen
Unerwünscht? Mir doch egal.“ – Gedanken eines Stalkers.
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Um die Stimmung während des „Verdauungsbierchen“ ein bisschen aufzupeppen, drehe ich das Radio auf volle Lautstärke und will dem Namen „Pussy Party Place“ somit alle Ehre machen, schließlich soll unser Pavillon nicht umsonst diesen Namen tragen. Also schalte ich auf das Lied Auf gute Freunde, von den Böhsen Onkelz und fange an, laut mitzugrölen, um die anderen anzuspornen, ebenfalls mitzusingen.
Beim ersten Refrain heben wir unser Bier.
„Ich trinke auf, auf gute Freunde, verlorene Liebe, auf alte Götter und auf neue Ziele…“, grölen wir zu viert und stoßen an, als der Refrain endet.
Beim zweiten Refrain stürmt plötzlich eine Gruppe anderer Ringrocker mit Partystimmung in unseren Pavillon und fängt an, ebenfalls laut mitzusingen. Grinsend hebe ich mein Bier erneut und bekomme zur Antwort eine Schar andere Biere und alkoholischen Getränken entgegengestreckt. Wortlos, nur singend, packen uns die partywütigen Menschen an den Schultern, hüpfen und springen mit uns durch den Pavillon, bis das Lied endet und sie zum nächsten Zelt ziehen, um dort die Stimmung anzuheizen. Lachend verabschieden wir uns, das war schon wieder einer der besten Beweise dafür, dass die Leute hier einfach nur cool sind. Meine Freundin ist durch und durch begeistert über die Aktion, ihre Laune hat sich von jetzt auf gleich verbessert, das sehe ich an ihrem Dauergrinsen und ihren strahlenden Augen. Langsam aber sicher scheint ihr das Campen hier gut zu gefallen.

Nach einem Toiletten-Zwischenstopp, schlendern wir zu viert gemütlich über den überfüllten Campingplatz. Hier und dort feiern jetzt schon manche Leute ihren Absturz, die anscheinend maßlos mit dem Alkohol übertrieben haben. Man man, und das schon am ersten Nachmittag, wie wollen die denn erst die Festivaltage überleben? Bei so einer Einstellung kann ich wirklich nur mit dem Kopf schütteln.
Einen Typen habe ich entdeckt, der gerade dabei ist, in eine Kühlbox zu kotzen. Der Aufregung seiner Kollegen nach zu urteilen, scheint die Kühlbox nicht leer gewesen zu sein, was mich ziemlich belustigt.
„Seht mal da hinten, die Leute sind doch echt mal geil.“
Meine Freundin zeigt auf eine Gruppe Jungs und Mädels mit Morphsuiten, also Ganzkörperanzügen in verschiedenen Farben. Ich staune nicht schlecht, das sieht wirklich cool aus. Wieso sind wir nicht auf so eine Idee gekommen? Fürs nächste Mal lasse ich mir auch so was einfallen, ganz bestimmt.
Auch Ian und Jack begutachten die Gruppe, ebenso wie ganz viele andere Leute, die dort vorbeilaufen.
„Da erkennt man wirklich nur an der Figur, wer Männlein und Weiblein ist, ne?“, stellt der jüngere Zwilling fest, woraufhin der Ältere mit den Augenbrauen zuckt.
„Also ich finde die Dinger extrem sexy, die können ja nicht mal Unterwäsche darunter tragen, weil man sonst die Abdrücke sehen könnte.“, grinst dieser dann schelmisch, ohne seinen Blick von der Gruppe abzuwenden. Recht hat er ja schon, die Dinger sind wirklich irgendwie sexy, bei einem Typen drückt sich sogar sein gut trainiertes Sixpack durch.
„Ist ja lustig, über was du dir so Gedanken machst.“, lacht Ian über die Aussage seines Bruders. „Ich habe jetzt nicht darüber nachgedacht, ob die darunter Unterwäsche tragen.“
„Nein?! Oh Inchen, du musst unbedingt mal wieder eine Alte flachlegen.“, stellt Jack daraufhin mit einem dicken Grinsen im Gesicht fest und bekommt dafür von seinem Bruder zur Antwort den Mittelfinger gezeigt.

Ein Stück weiter werden wir auf ein Spiel aufmerksam, welches von zwei Vierer- oder Fünfermannschaften mitten auf dem Weg gespielt wird. Um zu sehen, was genau da gespielt wird, stellen wir uns an den Rand, um zuzuschauen.
Die Teams stehen sich gegenüber, in der Mitte steht eine leere Plastik-Flasche und vor jedem Spieler eine volle Bierdose. Einer aus der Mannschaft wirft einen kleinen Ball in die Mitte und versucht damit die Flasche umzuwerfen. Wenn die Flasche umgeworfen wurde, darf das Team, welches geworfen hat, so lange aus den Dosen trinken, bis einer aus der gegnerischen Mannschaft den Ball eingesammelt, und die Flasche wieder aufgestellt hat. Dann ist das andere Team mit werfen dran. Das geht dann so lange, bis jeder Mitspieler aus dem jeweiligen Team alle Dosen ausgetrunken hat. Welches Team zuerst damit fertig ist, hat gewonnen. Sieht auf jeden Fall lustig aus.
„Sollen wir eine Runde mitspielen?“, frage ich meinen Anhang, welcher nickend mit den Schultern zuckt, was wahrscheinlich so viel heißt wie: Ja, von mir aus. Also melden wir uns nach der gerade gespielten Runde und treten gegen ein Team an, welches ebenfalls aus zwei Jungs und zwei Mädels besteht. Auch jetzt versammeln sich Zuschauer um uns herum, was mir mehr Ansporn dazu gibt, die Runde zu gewinnen.
Ich bin eine gute Trinkerin, das weiß ich, die Jungs kenne ich noch nicht gut genug, aber Nici könnte uns ein Nachteil sein. Unsicher blinzele ich zu meiner Freundin rüber, die allerdings so voller Elan zu sein scheint, dass ich mir vielleicht doch keine Sorgen machen muss.
Startklar stellen wir unsere Bierdosen vor unseren Füßen und warte auf das Startsignal.
„Fertig?“, ruft das gegnerische Team, worauf wir ein „Fertig!“ zurückgeben. Alle Spieler nehmen ihr Bier hoch, öffnen dieses und stellen es erneut vor ihren Füßen. Als ich zu Ian und Jack rüber schaue, nicken diese mir startklar zu. Gut. Auf geht’s.
„Los!“ Die Zuschauer jubeln, als das gegnerische Team das Startsignal gibt und einer der Mädchen zuerst den Ball wirft, jedoch die Flasche verfehlt. Jetzt sind wir am Zug. Jack schnappt sich den Ball, wirft und trifft. Sofort heben wir unser Bier, trinken so schnell wie möglich, bis das gegnerische Team den Ball aufgesammelt und die Flasche wieder aufgestellt hat. Wir stellen unsere Biere wieder zu Boden und warten auf den Wurf unserer Gegner. Diesmal wirft einer der Jungs und… trifft, verdammt! Schnell hetze ich dem Ball hinterher, sammele ihn auf, renne so schnell ich kann zurück zur Flasche, während ich von meinen Teamkollegen und Zuschauern angefeuert werde und stelle sie wieder auf.
„Super!“, zwinkert Ian mir zu, als ich wieder zu meinem Team geselle und bedanke mich verlegen. Während ich den Ball meiner besten Freundin überreiche, sehe ich aus dem Augenwinkel heraus, wie der Blonde mich, wahrscheinlich länger als gewollt, anschaut und erst seinen Blick von mir abwendet, als ich meinen Kopf zu ihm drehe. Ich kann mir aber auch keine weiteren Gedanken darum machen, da Nici nun voller Elan den Ball wirft, trifft, und wir erneut trinken müssen. Gerade als das gegnerische Team die Flasche wieder aufstellt, schmeißt Jack seine Dose zu Boden.
„Fertig!“, ruft er und klatscht in die Hände. „Los, hopp hopp, beeilt euch!“
Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Wenn der Erste aus unserem Team schon fertig ist, schaffen wir das auch ganz schnell!
Das gegnerische Team wirft, trifft, Nici rennt und stellt die Flasche wieder auf. Allerdings ist in dieser Runde ebenfalls einer der Jungs gegenüber fertig, also müssen wir uns jetzt wirklich sputen. Diesmal wirft Ian. Als er trifft trinken wir wieder, und auch er ist jetzt mit seiner Dose fertig. Jetzt sind noch Nici und ich übrig. Als das gegnerische Team wirft habe ich diesmal so viel Glück, dass mir der Ball genau in die Arme hüpft und ich sofort die Flasche aufstellen kann, ohne, dass dem Team viel Zeit zum Trinken bleibt.
„Komm schon Nici, jetzt Alles oder Nichts!“, rufe ich meiner Freundin zu, obwohl diese direkt neben mir steht und konzentriere mich auf meinen Wurf. Ich werfe und… Neiiin, daneben, verdammte Scheiße!
„Fuck!!!“, brülle ich, stampfe mit dem Fuß auf und lege meine Hände an den Kopf. Wieso habe ich das scheiß Ding nicht getroffen?! Das gibt’s doch nicht! Dafür kassiere ich mir direkt einen vorwurfsvollen Blick von meiner Freundin ein, welche sichtlich enttäuscht über meinen miserablen Wurf zu sein scheint.
„Kommt schon, los jetzt, ihr schafft das!“, feuern uns die Zwillinge an, während ich dem Ball hinterher stürme und die Flasche aufstelle. Wieder ist einer aus dem anderen Team fertig, diesmal eines der Mädchen, dafür trinke ich allerdings meine Dose beim nächsten Wurf leer, so dass der Sieg nur noch von Nici abhängt. Zwei gegen Eins, das schafft sie locker! Ich stelle mich zu den Zwillingen an den Rand, die mir beide ihre Hände zum Einschlagen hinhalten. Dann drehe ich mich zu meiner Freundin um, welche ich nun lauthals anfeuere.
„Niciiii, loooos, triiiink!“, rufe ich, als sie am Zug ist, denn nach einer weiteren Runde steht es Eins zu Eins. Entweder sie macht jetzt ihre Dose leer, oder wir haben verloren.
Aber natürlich schafft sie‘s, wirft ihre Dose zu Boden und hüpft mir quiekend in die Arme. Jubelnd hüpfen wir auf und ab, auch Ian und Jack fallen sich feierlich in die Arme und umarmen auch uns, nachdem Nici und ich uns voneinander gelöst haben. Wir verstehen uns bis jetzt nicht nur gut, wir sind auch noch ein gutes Team, wie sich gerade herausgestellt hat.
„Morgen wollen wir eine Revanche!“, fordert einer der Typen aus dem Verliererteam und hebt dabei symbolisch den Ball in die Luft.
Pff, wollen die tatsächlich nochmal gegen uns verlieren?
„Alles klar, wir sind hinten, schräg gegenüber von den Sanitäranlagen, der Pussy Party Place!“, nimmt Nici die Herausforderung an, womit wir selbstverständlich einverstanden sind. Sollen sie doch kommen, wir werden kämpfen und siegen! Eine grausame Lache schallt durch meinen Kopf, über die ich mich selbst erschrecke…

Everything is still and calm
In the dead of night
Right before the fight
Clouds are gathering for the storm
Destiny decides
Who will live or die
The Rasmus – The Fight

Einige Meter weiter bestaunen wir eine Konstruktion, die uns wirklich sprachlos macht. Hier haben sich tatsächlich einige Camper eine Art Holzrahmen in Minischlossform gebaut, worüber sie als Dach eine Plane gezogen haben. Das Ding hat sogar zwei Etagen! Unten, in der ersten Etage, stehen die Zelte und oben, in der zweiten Etage, haben die Leute eine beeindruckende Musikanlage aufgebaut, mit riesigen Boxen, aus welchen laut Lieder von Volbeat dröhnen. Außerdem stehen in der zweiten Etage noch zwei Tische und einige Stühle, an welchen die Camper gerade sitzen und eine Totenkopfflagge weht an einem Mast im Wind. Wirklich beeindruckend!
„Ey Jungs, wie lange habt ihr gebraucht um das aufzubauen?“, ruft Jack den Campern auf ihrer Konstruktion zu, geht dafür einen Schritt nach vorn und hält sich die gewölbte Hand an den Mundwinkel. Gespannt auf die Antwort blicken auch die anderen zwei, inklusive mir, in die Höhe.
„Wir sind seit gestern Morgen hier und waren vor knapp drei Stunden damit fertig!“, antwortet einer der Typen, was mich nicht schlecht staunen lässt. Ich weiß gar nicht genau, ab wann man hier anreisen kann, ich halte mich da besser an den Donnerstag.
„Coole Sache!“
Der Hopper zeigt den Campern den Daumen, was Ian ihm gleich tut, dann laufen wir weiter.
Ich muss zugeben, nicht alle Leute hier sind gut drauf, es gibt zwischendurch natürlich auch ein paar Idioten (bestes Beispiel: mein Ex), wie ich jetzt auch wieder feststellen muss. Schon von weitem sehe ich, wie sich ein paar Jungs eine Wasserschlacht, mitten auf dem Fußweg liefern, was mich ja sehr erfreut. Mit 5 Liter Kanistern spritzen sie wie die Bekloppten mit Wasser herum, ohne Rücksicht auf vorbeigehende Ringrocker.
Ich laufe extra ganz nah an Ian und Jack, damit diese Idioten nicht auf die Idee kommen, nur weil ich noch schön trocken aussehe, mich mit Wasser zu überschütten. Aber natürlich passiert genau das. Gerade als wir an denen vorbei gehen, dreht sich einer dieser Vollpfosten um und schüttet mir eine ganze Ladung Wasser entgegen. Das passiert so schnell, dass ich nicht mal ausweichen kann und schwupps, bin ich von oben bis unten nass.
Entsetzt schaue ich den Typen mit dem Kanister an, welcher das Ganze auch noch total lustig findet, mindestens genauso entsetzt habe ich jetzt auch die Blicke meines Anhangs an mir kleben. Angepisst balle ich meine Fäuste und versuche das Gehirn dieses Typen mit meinen Gedanken zum Explodieren zu bringen, was leider Gottes nicht funktioniert. Und gerade weil es nicht funktioniert, und ich meine Wut nicht einfach so herunterschlucken kann, platzt es ungewollt wie ein Wasserfall aus mir heraus: „Du blöder Penner, was fällt dir eigentlich ein die Leute hier nasszumachen? Wir haben keine dreißig Grad, falls es dir nicht aufgefallen ist, denkst du, ich will die Festivaltage über krank werden?! Wenn ich krank werde, dann komme ich zu dir und rotze dir in die Fresse, damit du schön alle meine Bazillen abbekommst und…“
„Lin, ist gut jetzt!“, unterbricht mich meine Freundin und zieht mich am Arm von diesem Typen weg.
„Und das schwöre ich dir!!“, rufe ich dem Typen noch mit erhobener Faust zu, der mir nur verdutzt hinterher guckt, während Nici mich weiter zieht. Sauer blicke ich an mir herunter, das gibt’s doch nicht, ich sehe aus als wäre ich vorwärts in eine Pfütze gefallen!
„Du hast ja ganz schön Feuer unterm Hintern.“, lacht Ian.
„Der kann froh sein, dass er noch lebt!“
Dabei denke ich an meinen gescheiterten Gehirn-Explodier-Versuch. Ich bin heilfroh, dass nicht alle Leute hier so rücksichtslos sind.

Noch ein Stück weiter (ich kann gar nicht so schnell gucken, da ist es schon passiert) stehen wir an der Startlinie für ein Schubkarrenwettrennen. Drei zweier Teams treten gegeneinander an, ich in der Schubkarre, Nici schiebt, Ian in der Schubkarre, der von Jack geschoben wird und noch ein Typ, mit einem Mädchen in der Schubkarre. Ich hab jetzt schon tierischen Bammel, weil‘s a) bergab geht, und b) deswegen nicht ganz ungefährlich ist.
„Ey Nici, ich vertraue dir, sei bloß vorsichtig!“
Ich renke meinen Kopf nach hinten, um meine Freundin anschauen zu können, welche mich daraufhin fett angrinst. Das ist mein Ernst, ich vertraue ihr, zumindest würde ich das gerne…
„Halt dich einfach gut fest und mach dir nicht in die Hose.“
Jaha, leichter gesagt als getan. Ich meine, nass bin ich ja eh schon, würde also nicht unbedingt auffallen, außer vielleicht vom Geruch her.
Unsicher schaue ich zu den Zwillingen rüber, Ian ist viel zu groß für die Schubkarre, was das Ganze irgendwie ulkig aussehen lässt. Seine langen Beine lugen soweit über den Schubkarrenrand drüber, dass er sie hochhalten muss, um nicht den Boden zu berühren. Zum ersten Mal nimmt er jetzt auch seine Sonnenbrille ab und ich… Ähm… Wow, da hat hast mir gerade kurz die Sprache verschlagen. Wieso hat er sein hübsches Gesicht die ganze Zeit unter einer riesigen Sonnenbrille versteckt?
„Auf die Plätze…“
Ich werde von der Stimme des Veranstalters dieses Rennens aus meinen Gedanken gerissen, so dass ich mich kurz fangen muss, um mich wieder auf meine Sicherheit zu konzentrieren.
„Halt dich fest!“, fordert meine Freundin mich noch auf, bevor der Veranstalter das Startsignal gibt und wir losrennen, beziehungsweise fahren. Unsanft rutsche ich in der Schubkarre, durch den steinigen Weg, hin und her, muss dabei lachen und gleichzeitig kreischen. Auch das andere Mädchen, welches knapp hinter uns ist, kreischt als ob sie gleich sterben würde, was mich wenigstens nicht so blöd dastehen lässt. Die Zwillinge dagegen sind ganz cool, ich sehe zwar nur ihre Rücken, da sie jetzt schon weit vor uns liegen, aber keiner von beiden gibt auch nur einen Ton von sich.
„Oh mein Gott!“, brülle ich, als wir über einen Stein fahren und ich dadurch fast aus der scheiß Schubkarre fliege. Gerade so kann ich mich noch halten, jedoch reduziert Nici deswegen die Geschwindigkeit, wodurch das andre Team uns überholt und wir das Rennen verlieren. Als letztes fahren wir durchs Ziel, die Zwillinge jubeln bereits über ihren Sieg, welchen ich ihnen zugegebener Weise nur ungern gönne. Ich bin eine verdammt schlechte Verliererin, aber hey, dafür kann ich kochen.
„Tut mir leid…“, entschuldigt sich Nici unnötig bei mir. Ist doch nicht ihre Schuld. Obwohl, doch, ist es! Allerdings sage ich ihr das nicht, nehme selbstverständlich ihre Entschuldigung an und versuche mich aus der Schubkarre zu hieven, was sich schwerer herausstellt, als ich dachte. Netterweise reicht Ian mir seine Hand und zieht mich mit einem Ruck hoch. Und als ich so vor ihm stehe und mich bedanke, muss ich ungewollt in seine Augen glotzen. Wenn ich glotzen sage, meine ich auch glotzen, denn das muss so dämlich ausgesehen haben, dass er mich fragt, ob alles okay sei.
„Äh… Ja klar, alles okay.“, antworte ich peinlich berührt und drehe mich so schnell um, dass das bestimmt wieder total dämlich ausgesehen hat.



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